PraxisNews
Der PTA-Blog
PraxisNews: Dillinger führt seit 2018 SFM ein. Was hat Sie dazu motiviert?
Gerhard Streit: Für mich stand die Frage im Raum „Wo stehen wir in fünf Jahren?“. Diese Frage diskutieren wir auch immer wieder im gesamten Unternehmen. Und SFM ist für mich – nach vielen Reorganisationen und Einsparprogrammen – der konsequente Weg für die Entwicklung des Unternehmens. Denn hier geht es darum, die Mitarbeiter in den Fokus der Arbeitswelt zu stellen, vorhandene Potenziale zu nutzen, die Mitarbeiter zu befähigen und die Weiterentwicklung nach vorne zu bringen, damit unser Unternehmen zukunftsfähig aufgestellt ist.
PraxisNews: Warum haben Sie sich genau für SFM entschieden?
Gerhard Streit: Es gab viele Ansätze in den letzten Jahrzehnten, verschiedene Methoden, wie KVP oder Kaizen, nach vorne zu bringen – teils mit mehr, teils mit weniger Erfolg. Über eine Lean-Lernreise und die Frage „Wie geht’s weiter?“, sind wir zu der Entscheidung gekommen, wir bauen SFM so auf, wie es die PTA anbietet, kombiniert mit Coachender Führung. Für uns war das ein logisch nachvollziehbarer Weg, der gut in unser Gefüge passt.
Cornelis Wender: Sich mit der Füh-rungsmannschaft im Rahmen der Lean-Lernreise Unternehmen vor Ort anzusehen, die SFM schon systematisch eingeführt haben, war sehr hilfreich. Ein zweiter Aspekt war eine Mitarbeiterbefragung im Jahr 2012. Was die Identifikation mit dem Unternehmen und unserem Produkt anging, wurden Höchstwerte erreicht, aber in den Themenbereichen Führung, Kommunikation oder Feedback, waren die Ergebnisse unterdurchschnittlich. Das hat uns dazu bewogen, 2015 mit der PTA das Thema Führungskultur anzugehen. Wir haben bis 2017 fünf Führungsgrundsätze erarbeitet: Vertrauen, Veränderung, Verantwortung, Leistung und Fehlerkultur. Dabei tauchte damals schon die Frage auf, wie wir eine neue Führungskultur auf allen Ebenen umgesetzt kriegen und da stand bereits die Überlegung im Raum, ob das durch SFM und die damit verbundene Führung vor Ort geschehen kann.
PraxisNews: Wie ist das Projekt aufgebaut?
Cornelis Wender: Zunächst haben wir Impulsvorträge in die Führungsmannschaft gebracht und sind dann gemeinsam mit der PTA im August 2018 mit drei Pilotbereichen gestartet: zwei aus der Produktion und einer aus der Administration. In den Piloten haben wir erprobt, ob wir Erfolg haben und jetzt wollen wir SFM bis 2023 systematisch im ganzen Unternehmen ausbreiten. Für die Koordination wurde eine Projektorganisation gebildet. Die Mitglieder des achtköpfigen Projektteams kommen aus den verschiedenen Bereichen, vor allem aus der Technik, aber auch aus dem Personalbereich. Für alle vier Direktionsbereiche wurden An-sprechpartner benannt, sodass Personal, Technik, Vertrieb und Finanzen im Projekt entsprechend berücksichtigt werden können. Das Projektteam trifft sich ein- bis zweimal pro Woche, Projektgruppen treffen sich zu verschiedenen Themen in unregelmäßigen Abständen. Weiterhin haben wir sieben interne Prozessbegleiter ausgebildet, die gemeinsam mit den PTA-Beratern den Einführungsprozess unterstützen und stabilisieren.
Franco Messina: Zum Thema Prozessbegleiter ist es wichtig zu wissen, dass wir vor etwa 10 Jahren schon einmal das Thema Kaizen angegangen sind. Dabei haben wir über die Stabsabteilung KVE (Kontinuierliche Verbesserung und Entwicklung) mit Prozessbegleitern quasi von außen als Dienstleister versucht, Methoden im Betrieb zu etablieren. Dabei sind wir schnell an unsere Grenzen gestoßen, vor allem beim Thema Führung. Daraus haben wir gelernt, dass wir es dieses Mal anders machen müssen und das Thema Führung eine große Rolle spielen muss. Dafür war die damalige Erfahrung gut. Heute kommen die Prozessbegleiter nicht von außen und stülpen den Mitarbeitern und Führungskräften ein Konzept über. Darin sehe ich einen enormen Vorteil.
PraxisNews: Wie werden die Prozessbegleiter im Projekt eingesetzt?
Franco Messina: Wir Prozessbegleiter sind in allen Führungskräftetrai-nings dabei. Wir begleiten gemeinsam mit den PTA-Beratern vor Ort die Transferaufgaben zwischen den Trainings und sorgen für die Umsetzung. Das ist ein wichtiger Aspekt. Dabei lernen wir z. B. Feedback zu geben, damit wir diese Aufgabe in den noch folgenden Wellen auch selbstständig durchführen können – wir können die PTA ja nicht die nächsten zehn Jahre beschäftigen, wir müssen auch irgendwann unseren Weg alleine weitergehen. Vor Ort in den einzelnen Betrieben fragen wir die Mitarbeiter, was sie brauchen und wo wir sie unterstützen können. Wir binden sie ein, wir integrieren und gestalten gemeinsam – im klassischen Sinne einer coachenden Haltung.
PraxisNews: Wie werden die Führungskräfte eingebunden?
Gerhard Streit: Unser Konzept folgt dem PTA-Ansatz, sich in 12er-Teams mit den Führungskräften nach vorne zu bewegen. Eine wesentliche Rolle spielt hier der jeweilige Betriebschef für einen Großbereich, gefolgt von der direkten Linienfunktion über die Betriebsleitungen, Tagesmeister, Wechselschichtmeister und Vorarbeiterfunktionen. Das sind die ersten, die voran gehen, sich mit dem Thema vertraut machen und SFM in der Umsetzung mit den jeweiligen Mitarbeitern gemeinsam gestalten.
Alle Führungskräfte durchlaufen ein Trainingsprogramm mit sieben Bausteinen zu SFM und sieben Bausteinen zu coachender Führung. Transferaufgaben zwischen den Trainings überführen das Gelernte in den Arbeitsalltag, unterstützt wird das durch Umsetzungsbegleitung.
PraxisNews: Sie führen parallel zum SFM Coachendes Führen ein. Welchen Vorteil bringt das Ihrer Meinung nach?
Cornelis Wendler: Die parallele Einführung von Coachendem Führen und SFM war der entscheidende konzeptionelle Punkt, SFM gemeinsam mit der PTA einzuführen. Bei der Entwicklung der zu Beginn erwähnten Werte, haben wir mit allen Führungskräften vom Betriebschef bis zum Vorarbeiter besprochen, was diese für uns bedeuten und wie sie sich auf die Führungskultur auswirken. Offen blieb aber die Frage, wie wir diese neue Führungskultur tatsächlich im Arbeitsalltag verankern können. Und genau da setzt Coachende Führung an. Sie leistet die praktische Umsetzung der Führungskultur im Arbeitsalltag.
Wichtig war für uns auch, dass sich die Führungskräfte durch Coachende Führung mehr auf ihre Hauptaufgabe, das Führen, konzentrieren können. Es ist ganz wichtig, dass sie einfach Zeit haben, die Mitarbeiter und ihre Bereiche weiter zu entwickeln. Durch das coachende Führen vor Ort werden die Mitarbeiter befähigt, ihre Aufgaben zu erfüllen und erhalten die Möglichkeit, sich ihrerseits zu entwickeln. Und das macht für uns im Wesentlichen Führung aus, daher passt das wunderbar.
Franco Messina: Die Trainings zum coachenden Führen finden in der Praxis, vor dem Shop Floor Board statt, es wird konkret geübt, z. B. Feedback zu geben oder hilfreiche Fragen zu stellen – das ist ein großer Vorteil. So können wir die praktische Arbeit vor Ort mit den kulturellen Aspekten verbinden, die für unser Unternehmen wichtig sind.
Cornelis Wendler: Das ist ein entscheidender Unterschied zu früheren Führungstrainings, die nicht vor Ort, sondern in einem gesonderten Raum stattgefunden haben. Jetzt trainieren wir direkt da, wo die Führungskräfte mit den Mitarbeitern arbeiten. Das ist viel effektiver.
PraxisNews: Welche Erfahrungen haben Sie in den ersten Monaten gemacht?
Gerhard Streit: Nach über drei Monaten kann man durchaus von einem gelungenen Start sprechen. Aus einer anfänglichen Grundskepsis mit vielen Fragezeichen entsteht langsam eine positive Haltung und Motivation. Ich spüre viel Kreativität bei der Entwicklung am Shop Floor. Die Mitarbeiter machen positive Erfahrungen, weil sie sich durch die erzeugte Transparenz und die aktive Einbindung und Kommunikation mitgenommen fühlen. Das ist ein sehr gutes Ergebnis. Man muss natürlich realistisch bleiben: wir sind ganz am Anfang und wir wissen, der Weg ist weit. Nach einer anfänglichen Hochphase kommt ja durchaus auch ein Tal der Tränen. Das ist uns bewusst und wir versuchen so gut es geht gegen zu steuern.
PraxisNews: Sind Sie mit konkreten Widerständen konfrontiert worden?
Gerhard Streit: Widerstände würde ich nicht sagen. Man spürt aber, dass die Führungskräfte gerade beim coachenden Führen unterschiedlich lange brauchen. Verhaltensveränderung braucht Zeit. Ich fordere immer wieder aktiv dazu auf, sich mit den Themen auseinanderzusetzen, denn da ist die Intensität schon unterschiedlich. Wir haben hier ein normales Gefälle zwischen denen, die aktiv nach vorne ziehen, und Mitarbeitern, die erst mal abwarten. Aber grundsätzlich bewegen sich alle in die richtige Richtung.
Cornelis Wendler: Das kann ich aus meiner Erfahrung bestätigen. Die klassische Aufteilung bei Veränderungsprojekten, nach der 20% der Mitarbeiter stark mitziehen, 60% eher abwartend reagieren und 20% dagegen sind, sehe ich bei uns nicht. Es ziehen eher 80% mit und nur ein kleiner Teil nicht. Das erlebe ich als sehr positiv.
PraxisNews: Zum Abschluss: Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Wo sehen Sie Dillinger in drei Jahren?
Gerhard Streit: Wir wünschen uns und glauben daran, dass wir in zwei bis drei Jahren SFM unternehmensweit ausgerollt haben, dass die Kaskaden in den einzelnen Ebenen durchgängig verbunden sind und bis nach oben funktionieren. Dass wir uns spürbar weiterentwickeln, die Prioritäten auf die wesentlichen Aspekte legen und alle Beteiligten mit im Boot haben. Das ist sogar schon jetzt zu spüren: im Bereich Technik haben wir seit Jahresbeginn die Kaskaden bis zur Vorstandsebene gebracht, was schon zu sichtbaren Erfolgen geführt hat. Besprechungszeiten sind effektiver geworden, wir halten uns an klare Regeln. Hier wünsche ich mir, dass wir das in drei Jahren in allen Bereichen durchgängig etabliert haben.
Franco Messina: Mein Wunsch ist, dass wir es über das Thema Coachendes Führen schaffen, eine positive Fehlerkultur zu entwickeln und wirklich beginnen, in Prozessen zu denken. Das ist ein wesentlicher Faktor für die Zukunft: Wir müssen aufhören, in Personen und Abteilungen zu denken, sondern den Gesamtprozess sehen. Und ich bin mir heute sicher, dass wir das schaffen, wenn wir im SFM bei den entsprechenden Bausteinen angekommen sind und uns stärker um unsere Prozesse und Schnittstellen kümmern.
Cornelis Wendler: Ich wünsche mir, dass wir mit dem SFM unser Ziel der Mitarbeiterintegration erfolgreich umsetzen – und damit meine ich alle, also Mitarbeiter und Führungskräf-te. Und dass wir trotz der notwendigen Hierarchien ein vertrauensvolles Miteinander auf Augenhöhe erreichen, mit der Bereitschaft, voneinander zu lernen. Also ein Betriebsklima, in dem es nicht in erster Linie wichtig ist, wer Mitarbeiter und wer Führungskraft ist, sondern dass das Arbeitsleben und der Arbeitsalltag gemeinsam gestaltet werden.
PraxisNews: Vielen Dank für das Gespräch!
Lesedauer: ca. 7 Minuten
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